2009
Oct 
26

Profil

Bastian Seibt — Bastian @ 22:17  

Vom ersten Ruderschlag bis zum Leistungssport

Nach Wanderfahrten mit meinem Vater hatte ich als siebenjähriger Kinderruderer ganz selbstverständlich die Skulls in der Jugendabteilung des CLUB selbst in die Hand genommen. Als es mit 14 Jahren darum ging, sich für das Leistungs- oder Breitensportrudern zu entscheiden, bin ich wie viele meiner Freunde, wieder aus dem CLUB ausgetreten.

Fortan schaute ich etwas wehmütig und neugierig beim Überqueren einer Brücke auf Hamburgs Wasserwege. So ging das einige Jahre in denen andere Sportarten wie Karate oder Crosslauf den Vorzug hatten. Doch was ist das schon im Gegensatz zu dem Gefühl, in der freien Natur auf dem Wasser im Ruderboot zu sitzen? So kehrte ich während meiner Berufsausbildung wieder ins Boot zurück. Zuerst bei den Breitensportlern aktiv war bereits der Drang da, ein wenig mehr zu wollen. Eine ambitionierte Breitensportmannschaft fand sich zusammen. Nach abgeschlossener Ausbildung und beruflicher Tätigkeit, begann im Oktober 1999 meine Zivildienstzeit im Ruderclub. Erfahrungslos im Leistungssport betreute ich auch die Trainignsabteilung im Umfeld von Regatten. Es sah schon toll aus, wie die Trainingsleute ruderten und was für ein Auge der Trainer für die Bewegung hatte.

Karsten Timm, damals CLUB-Trainer, wurde in jener Zeit ein sehr guter Freund und die Stimmung unter den Trainingsleuten war klasse. So kam es auch, dass ich immer öfter und länger im Bootshaus zu finden war. Ich wollte mehr. Bei einem 100-Kilometer-Ergorennen im Herbst 1999 hatte ich meinen Ehrgeiz durchblicken lassen und so fragte ich Karsten im März 2000 nach der Möglichkeit, an der Hamburger Frühjahrslangstrecke teilzunehmen. Ich absolvierte besagte Langstrecke mit unerwartetem Erfolg. Karsten nahm dies als Anlaß, mir die Leipziger Langstrecke – nationale Testregatta – schmackhaft zu machen. Durch die dort spontan erruderte Qualifikation für den DRV-Frühtest – der deutschen Ranglisten-Regatta im Kleinboot, lies Karsten keine Widerworte mehr zu und schicke mich nach Köln. Meine ersten 2000m – die olympische Wettkampfdistanz. Neben der Betreuung der Jugendabteilung trainierten drei Osnabrücker und ich im Rande von Kinderregatten. Ziel war eine Medaille auf dem Eichkranz, der Deutschen Meisterschaft der unter 23jährigen. Nach einem Steuerfehler im Finale, kurz vor dem Ziel, wurden wir ganz knapp vierte. Große Enttäuschung, mein letztes Männer-B-Jahr, nie wieder Eichkranz. Am Ende der Saison entschied ich mich, trotz Berufsleben den Leistungssport weiter zu betreiben. Karsten sorgte dafür, dass sein Kollege Marcus Schwarzrock von der „Allemannia“ mich unter seine Fittiche nahm. So bestritt ich das Jahr 2001 als A-Senior im Einer. Ein Lehrjahr. Die Herausforderung und der Traum, einmal im Nationaltrikot starten zu dürfen, gaben den Ausschlag, nicht aufzuhören.

Im Herbst wechselte ich vom Berufs- in das Studentenleben und vom Skull- zum Riemenrudern. Ebenso blutiger Anfänger im Riemenboot war mein erster Zweierpartner Martin Raeder. Aufgrund riesiger Wellen auf der Alster wäre bei unserer ersten gemeinsamen Trainingseinheit Kentern einfacher gewesen als Rudern. Ein unerwarteter 4. Platz beim Frühtest 2002 in Duisburg hat dafür gesorgt, dass sich einige Leute unsere Namen gemerkt haben. Einladung ins Bundesleistungszentrum nach Dortmund zur Viererbildung. Unser Vierer wurde Zweiter deutscher Vierer bei der internationalen Regatta in Duisburg, obwohl ich mich nicht ganz fit fühlte. Am Dienstag darauf kam vom Arzt die Diagnose: Pfeifferisches Drüsenfieber, Ruderverbot bis Ende Juni. Martin hat es in den leichten Nationalachter geschafft und wurde Vizeweltmeister. In der „Auszeit“ nutzte ich jede Gelegenheit ins Boot zu steigen. Rudern durfte ich nicht, also stieg ich als Steuermann ins Ruderboot oder als Trainer ins Motorboot. Zugleich bot sich mir eine große Chance, die ich gleich am Schopfe packte. Sechs Wochen Rudertrainer in einem National-Senior-Development-Camp in New Jersey/USA. Nachdem ich dort wieder mit Sport wieder anfangen durfte, bin ich natürlich sofort zurück auf den Rollsitz und habe meinen Trainerjob aus dem Boot heraus betrieben. Wir starteten auf zwei Regatten und der Erfolg war da: US-Meister im Leichtgewicht Senior-Vierer ohne und Sieger bei der Royal Canadian Henley Regatta in St. Catharines/Kanada.

Neben Studium, und dem Nebenjob bei meinem früheren Arbeitgeber war leider nur wenig Zeit übrig. Mit dem Sport verdiente man kein Geld und der Nebenjob brachte zu wenig ein. Also musste ich mich im Herbst 2002 entscheiden und war kurz davor, mit Leistungssport aufhören. Doch es fand sich glücklicherweise eine finanzielle Möglichkeit, weiter zu machen. Es hatte sich gelohnt, denn nach guten Ergebnissen auf den Testregatten hatte wir einen guten Vierer formiert, der zu Überraschung aller sehr schnell war. Somit folgte auch in diesem Jahr der erste Start in der olympischen Bootsklasse auf dem WorldCup. Auf der Deutschen Meisterschaft wurden wir allerdings mit nicht ganz zwei Sekunden geschlagen und es war in dieser Bootsklasse der Vizetitel. Im darauffolgenden Leichtgewichtsachter kam dann mein erster Titel dazu. Eben dieser Achter in ungeänderter Besetzung gewann dann auch vor dem damaligen amtierenden Weltmeister Italien den WorldCup auf dem Rotsee in Luzern/Schweiz. Mein damaliger Traum, ein Mal die deutschen Farben bei der WM vertreten zu dürfen, wurde Wirklichkeit und er wurde mit dem Weltmeistertitel noch übertroffen.

Ist ein Ziel erreicht, so steckt man sich bekanntlich ein Neues. Bei mir ist es das mit den fünf Ringen. Da bei den leichten Riemern nur der Vierer ohne Steuermann olympisch ist, gestaltet sich der Kampf um die Plätze um so härter. Im Jahr 2004 zerplatze dieser Traum gleich zu Beginn der Saison. Unser Viererprojekt scheiterte an der nationalen Qualifikation. Nachdem mein Zweierpartner zwei Wochen vor den Deutschen Meisterschaften den Leistungssport an den Nagel gehängt hatte, bleib mir nur der Einer, wenn ich die Saison wenigstens noch beenden wollte. Heraus kam die Bronzemedaille im leichten Einer und eine weitere im schweren Doppelvierer und somit die Ersatzposition für den leichten Doppelvierer auf der WM. Mit neuem Partner bin ich die darauffolgenden Jahre mit dem Zweier an der nationalen Spitze gefahren und qualifizierte mich jedes Jahr für den leichten Vierer ohne, der auf der WM gestartet ist.

Im Herbst 2007 initiierte der Deutsche Ruderverband ein zentrales Projekt, um die auf der WM 2007 verpasste Qualifikation des leichten Vierers nachzuholen und vier Athleten in dieser Bootsklasse zu den Olympischen Spielen zu schicken. Nach vielen Diskussionen und Unstimmigkeiten zwischen den Athleten, Trainern und innerhalb des Deutschen Ruderverbandes stand die Mannschaft fest, die dann auch am 18. Juni 2008 die Qualifikationsregatta deutlich gewann und eines der beiden noch zu vergebenen Olympia-Tickets lösen konnte. Es ging also weiter, zu den IXX. Olympischen Spielen 2008 nach Peking…

 

Bastian Seibt

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